alpinclub

Erdbeben in Pakistan
Hilfsaktion von Alpinclub und Bergwacht Sächsische Schweiz

Begwacht

Bericht vom 3. Team (11.12.-23.12.2005) - Winterhilfe für Sakargah

Jens Sommerfeldt, Michael Jürgens, Dr. Thomas Gündel

11.12. Abflug 3. Team
3. Team

Pünktlich 5.30 Uhr trifft sich das 3. Hilfsteam auf dem Dresdner Hauptbahnhof. Jens Sommerfeldt und Michael Jürgens von der Bergwacht Pirna sowie der pensionierte Kinderchirurg Dr. Thomas Gündel aus Frankfurt Oder werden bis zum 23.12. als drittes Team der Aktion in der Katastrophenregion tätig sein.
Neben weiterer medizinischer Hilfeleistung soll diesmal der Fokus deutlich darauf gerichtet sein, die Lebensumstände der Bergbewohner dahingehend zu verbessern, daß auch die Schwächeren, d.h. die Kinder, Frauen und Alten den Winter ohne bleibende Schäden überstehen bzw. überhaupt überleben können.
Dazu wird unser Team den Bewohnern in Sakargah an mehreren ausgewählten Objekten Möglichkeiten demonstrieren, wie mit den vorhandenen bzw. einfach beschaffbaren Materialien die Zeltkonstruktionen verstärkt und die inzwischen vorhandenen aber leider in der Mehrzahl nicht wintertauglichen Zelte damit in die Lage versetzt werden, den zu erwartenden Schneemengen zu widerstehen und einen gewissen Wärmeschutz zu bieten.

Gaskocher für 15 EUR
Weiterhin - und das ist die vielleicht wichtigste Aufgabe des Teams werden wir eine größere Anzahl von Propangasflaschen, Reglern und Kochern besorgen und ausgeben, damit die Familien in die Lage versetzt werden, überhaupt innerhalb ihrer Notunterkünfe zu kochen bzw. diese in bescheidenem Maße zu heizen. (Details)
Normalerweise wird in den Bergen noch mit Holz gekocht, die (nun nicht mehr vorhandenen) Häuser haben dazu im Dach einen Rauchabzug, so daß in den Wintermonaten die Koch- und Feuerstelle der Familie von draußen ins innere der Häuser verlegt wird. Dies ist aber im Zelt nicht möglich, zum einen durch die Feuergefahr, zum anderen durch den nicht vorhandenen Rauchabzug. Ein Gaskocher ist unter den gegebenen Umständen die beste und sicherste verfügbare Kochmöglichkeit.
Ein weiterer Effekt kommt hinzu: der Bergwald im Himalaya ist eine viel zu kostbare Resource, um ihn zu verheizen. Der zunehmende Verlust von Waldflächen ist ein ernsthaftes Problem und vielleicht steigt die eine oder andere Familie langfristig auf den Brennstoff Gas um, wenn Kocher und Flasche vorhanden sind denn Propangas ist in Pakistan durchaus ein üblicher Energieträger.

Die Beschaffung der Kochersets ist bereits vororganisiert, Aufgabe des Teams wird es vor allem sein, eine Struktur zu schaffen, damit die Bergbewohner ihre von uns erhaltene Flasche wieder aufgefüllt bekommen, denn zumindest in der jetzigen Situation können sie den Preis für das Gas auch nicht selbst zahlen.

Die Kosten für diese Aktion werden 15 EUR pro Person betragen. 15 EUR die z.B. ein Kind vor schweren Kälteschäden retten können, ganz einfach weil ihm die Mutter abends noch eine simple Wärmflasche mit unter die Decke legen kann. 15 EUR dafür, daß die Kinder den ganzen Winter lang auch dann eine warme Mahlzeit bekommen können, wenn draußen der Schneesturm ums Zelt pfeift und ein Kochen außerhalb unmöglich macht. 15 EUR dafür, daß man sich bei bitterer Kälte einfach mal die Hände wärmen kann.

Mit den 15 EUR kann Propangas bis zum 15.3. bezahlt werden, daß ist der Zeitraum, den auch die UNO als Basis für ihr 90-Tage-Programm "Race against the winter" kalkuliert.


12.12. Ankunft in Islamabad

Nach anstrengendem Flug mit Zwischenstop in Kuwait erreichten die drei Helfer am frühen Morgen 4.40 Uhr Islamabad. Dank großzügig durch Kuwait Airlines eingeräumten Freigepäcks fanden auch wieder 140kg an medizinischer Ausrüstung und Hilfsgütern wie z.B. Wattejacken den Weg nach Pakistan.
NasirAuf dem Flughafen wurden die drei bereits von unserem Freund Nasir erwartet. Nasir hatte bereits dem ersten Team als Dolmetscher und Begleiter zur Seite gestanden und sich dabei auch in hohem Maße persönlich für die Bebenopfer engagiert. Er selbst stammt aus dem Hunza-Land, einer Hochgebirgsregion im Karakorum, also nördlich des Erdbebengebietes. Nasir ist extra aus Hunza wieder angereist, um erneut mithelfen zu können. Das Wochenende hat er bereits in Besham verbracht um wichtige Informationen zur aktuellen Situation zu sammeln. In Besham und Sakargah selbst liegt zwar noch kein Schnee, aber die umliegenden Berghänge mit den höhergelegenen Siedlungen sind bereits verschneit. Schnelle Hilfe beim winterfest Machen der Notunterkünfte ist dringend geboten und so soll zunächst in Islamabad dazu benötigtes Material beschafft werden. Für den Nachmittag ist bereits die Weiterfahrt geplant.

Zu Hause wird derweil fleißig gepackt. Am Mittwoch sollen noch einmal 300kg Hilfsgüter per Luftfracht nach Pakistan geschickt werden, darunter vom Kindergarten Brockwitz bei Coswig gespendete Kinderschlafsäcke, Winterbekleidung für Kinder sowie 2 in Deutschland ausgesonderte aber funktionsfähige Beatmungsgeräte die Rutker Stellke vom Krankenhaus in Frankfurt (Oder) für das Krankenhaus in Abbottabad erhalten hat.

(aufgeschrieben durch Christian Walter nach Telefonat mit Jens Sommerfeldt)

13.12. Unfreundliche Begrüßung

Wir waren nach der langen Reise gegen halb 1 todmüde ins Bett gefallen. Ich konnte nicht einschlafen und es trat ein was ich nicht wollte aber irgendwie erwartet habe. Gegen um 3 begann die Erde zu beben. Erst leicht und ich dachte, ein leichtes Nachbeben, wie ich es ja schon genügend erlebt habe. Aber es hörte nicht auf und steigerte sich zu zu einem richtig starken Beben. So lange (10-15 sec.) hatte ich es überhaupt noch nicht erlebt. Ich sprang aus dem Bett und öffnete die Balkontür um Notfalls auf das gegenüberliegende Flachdach zu springen. In der Stadt waren wieder Schreie zu hören und am rechten Steilhang im Industal rutschte eine Steinlawiene herunter. Ich sah Lichter die den Hang herunter fielen. Das konnte nur ein Auto sein, dass auf der Straße die in den Hang gemeißelt ist, unterwegs war. Micha beruhigte sich schnell wieder doch ich mußte hier raus. Also schlief ich im Bus, denn ich mußte schlafen, eine dritte Nacht ohne Schlaf hätte ich nicht durchgehalten. Es wackelte noch 2 mal leicht in dieser Nacht aber ich konnte dann noch ein paar Stunden schlafen.
Im Nachgang erfuhren wir, es hatte die Stärke von 6.7, d.h. es war deutlich stärker, als alle der inzwischen mehr als 2000 Nachbeben seit dem 8. Oktoker. Das Epizentrum lag in der Nähe der pakistanischen/afghanischen Grenze. Es war also kein Nachbeben sondern ein Neues eigenständiges Beben.

Notunterkünfte Nun aber zu unserer Aufgabe. Unser Plan war vollgepackt und wir haben alles geschafft, was wir uns vorgenommen hatten. Thomas und Micha waren erneut wegen der Kocher unterwegs. Es war gut den es wird noch ein kleiner Adapter gebraucht der hier auch beschaffbar ist. Außerdem haben sie sich noch ein neues Angebot machen lassen. Es ist preiswerter und ein hier gebräuchliches System. Auch die Lieferzeit ist kürzer. Also entschließen wir uns, nach genauer Bedarfsfeststellung diese Angebot wahrzunehmen.
Nazir, Cäsar und ich haben verschiedene Hilfsorganisationen kontaktiert und Informationen eingeholt. Günstig ist ja, wenn jemand das Nachfüllen der Gasflaschen extern kontrolliert, auch wenn mit unseren Bezugsscheinen alles recht gut vorbereitet ist. Dabei stellten wir fest, dass eine örtliche Organisation und eine große internationale Hilfsorganisation unter Beteiligung des Internationalen Roten Kreuzes uns unterstützen könnten. Bis ins letzte Detail konnte das aber noch nicht geklärt werden. Morgen Mittag kommt ja Sven von der arche noVa zu uns und mit seiner Unterstützung bekommen wir das garantiert in den Griff. Aber zuerst werden wir am frühen Morgen nach Sakargah aufsteigen um zu sehen wie es den Menschen mittlerweile ergangen ist und ob sie das neuerliche Beben gut überstanden haben. Im übrigen waren wir im Lager der Leute, die Sakargah verlassen haben. Es war ein sehr herzliches Wiedersehen. Ich sollte unbedingt Christian grüßen. 85 Familien haben Sakargah verlassen und können hier recht gut versorgt werden. Aber viel mehr Platz ist auch nicht. Die Dankbarkeit der Menschen für unser Arbeit hier, war sehr angenehm grade nach der unfreundlichen Begrüßung durch das Beben in der Nacht.
Jens Sommerfeldt

14.12. Bergwacht, Bergwacht!

Erst dachte ich, ich höre nicht richtig aber wir sind schon im Sprachgebrauch der Dorfbewohner von Sakargah verankert... Doch dazu später.
Jens und die Kinder von Sakargah Heute sind wir zeitig nach Sakargah aufgebrochen, die Strasse war bis zu einer Brücke einigermaßen befahrbar und dann ging es per Pedes weiter. Anfangs dachte ich, viel schlimmer als in Besham kann es wohl nicht kommen, aber schon auf der Hinfahrt sah ich das es doch noch eine Steigerung der Zerstörung gibt. Oben angekommen gab es erst einmal eine überaus freundliche Begrüßung durch einige Dorfälteste und vor allen durch die Kinder. Viele haben Jens auch gleich wieder erkannt und dann kamen die Worte "Bergwacht". Nach einer kurzen Beratung mit einem Dorfoberhaupt entschlossen wir uns, Thomas unseren Arzt und Nasir als Dolmetscher an der inzwischen errichteten Zeltschule zu lassen, um Sprechstunde abzuhalten. Dann gingen Jens und ich mit unserem Begleiter zur Begutachtung der momentanen Situation vor Ort.
Erster Eindruck: bloß gut daß der Schnee noch etwas auf sich warten läßt. Die Notunterkünfte sind noch immer in einem erbärmlichen Zustand und bedürfen dringend Verbesserungen. Doch dazu brauchen die Leute jede Menge Material. Damit werden wir Sie noch unterstützen.
Schulbetrieb im FreienVon oben sahen wir auch das unser Doktor schon jede Menge Patienten versorgte und noch zu versorgen hat. Besonders geschockt war ich, als wir einen völlig zerstörten Rollstuhl sahen und kurze Zeit später den Mann dazu. Ein Querschnittsgelähmter der unter einer Zeltbahn auf einer Pritsche lag. Ich habe ihm versprochen das morgen der Doktor nach ihm schaut. Hoffentlich kann man was für ihn tun.
Nachdem wir uns einen Überblick verschafft hatten stiegen wir wieder zur Zeltschule ab und erklärten Nasir unsere weitere Vorgehensweise: Absteigen, die Sache mit den Gaskochern/Heizern beim Händler perfekt machen und noch einige Medikamente die Thomas aufgeschrieben hat besorgen.
Auf der Rückfahrt nach Besham hatte ich dann etwas mehr Muße mir auch mal die wunderbare Gegend zu betrachten, überwältigend - aber auch schon Schnee an den Nordhängen. Die Zeit drängt!!! und noch viel zu tun.
Michael Jürgens

Zusammenarbeit mit Dresdner Hilfsorganisation Arche Nova

Im gestrigen Newsletter ist es ja schon kurz erwähnt worden, das Team von Alpinclub Sachsen und Bergwacht Sächsische Schweiz ist mit einen weiteren Dresdner Bergsteiger verstärkt worden. Bernd Zschätzsch von der Dresdner Hilfsorganisation arche noVa, der ebenfalls seit dem Wochenende in Pakistan weilt, ist zur Zeit gemeinsam mit unserem Team unterwegs um Möglichkeiten gemeinsamer Projekte vor Ort auszuloten. Diese Möglichkeit war zuvor in Dresden schon angedacht worden, jetzt schauen wir mal vor Ort, was sich gemeinsam machen läßt. Die drei beteiligten Organisationen würden sich prächtig ergänzen: der Alpinclub bringt seine umfangreiche Kenntnis von Land und Mentalität ein, vermittelt aufgrund seiner langjährigen Kontakte Helfer und Ansprechpartner und kümmert sich um Transport und Logistik. Hinzu kommt die Erfahrung im Hochgebirge. Die Bergwacht steuert den kompletten medizinischen Bereich, d.h. Verletztenversorgung, Transport und Nachsorge bei und mit arche noVa ist jetzt ein Spezialist für den Wiederaufbau mit im Boot. Der Verein hat vielfältige Erfahrungen in diesem Bereich, so z.B. seit 1992 in Kurdistan, im Iran sowie in den vom Tsunami betroffenen Gebieten.

15. und 16.12. Sakargah

Gut das die Kommunikation in die Heimat wieder klappt. Ich werd versuchen die letzten 2 Tage zusammen zu fassen. Ich muß mich beeilen, denn die Sonne verschwindet gleich hinter den Bergen und dann wird es bitter kalt und das schreiben ist dann fast unmöglich.
Gestern sind wir wieder mit einem Pick up in die Berge gefahren. Er war bis oben mit Gepäck und Hilfsgütern bepackt und oben drauf noch wir. Man möchte auf der Gebirgsschotterpiste am Berghang nicht nach unten schauen. Es geht in die Tiefe und die Reifen sind mitunter nur wenige cm davon entfernt. Diesmal klappte der Transport der Sachen besser. Es standen schon Leute aus Sakargah am Endpunkt und erwarteten uns. Wir haben zwar nicht alles gleich wegbekommen aber der Rest ist dann am Abend und am nächsten Tag angekommen .In Sakargah war das Lager schnell errichtet und natürlich waren sofort auch die ersten Patienten zur Stelle. Vor allem Durchfall- und Erkältungssachen vor allem bei Kindern. Auch einige Patienten vom letzten Einsatz waren da und zeigten uns wie gut ihre Wunden verheilt waren. Unsere arche noVa Kollegen besichtigten das Dorf. Sie mußten aber am Nachmittag wieder absteigen. Die rauhen Bedingungen hier oben - das war wohl doch nicht so ihr Ding.
Sie versprachen, sich noch einmal zu melden...
Der Abend war dann schon sehr kalt und wir sind in unsere warmen Schlafsäcke gekrabbelt. SprechstundeDer nächste Morgen begann schon zeitig mit Arbeit. Uns wurden viele kranke Kinder vorgestellt. So konnten wir gleich ein paar warme Sachen ausgeben. Das ist hier im Moment die beste Medizin. Der Morgen ist hier wirklich sehr kalt. Wir hatten schon unsere Daunenjacken und Handschuhe an. Wenn man dann sieht wie die Kinder hier rumlaufen, Sandalen, dünne Sachen mitunter ohne Socken, es ist zum heulen. Wir entschließen uns spontan Micha und Nazir nach Besham zu schicken und Kindersachen zu kaufen. Es ist wirklich wichtig für sie hier was zu tun, sie leiden am meisten.
Die Versorgung mit Zelten hat sich verbessert aber die Unterkünfte sind nicht winterfest. Wir werden also mit unserem vorhandenen Baumaterial "Musterhäuser" errichten. Wir haben aus Islamabad noch weitere Zeltplanen und 3m lange, kräftige Bambusstöcke nachgeordert, die wir vor unsere Abreise ausgeben werden, damit können die Menschen dann nach unseren Mustern Ihre Zelte stabilisieren und winterfest machen. Wir wollten noch so viel mehr tun aber wir müssen uns auf Schwerpunkte beschränken den unsere Zeit hier ist begrenzt. Aber wir können noch mehr Spenden sammeln denn Hilfe werden diese Menschen noch lange brauchen.
Jens Sommerfeldt

17.12. Vorbereitung für den 4. Advent

KinderDie wichtigste Aufgabe für den heutigen Tag war die Vorbereitung der Verteilung der Hilfsgüter und der Bezugsscheine für die Gasheizer. Gegen 11 Uhr kamen Micha und Nazir aus Besham zurück. Micha sagte gleich, ich hab ein ganzen LKW Sachen gekauft. Unsere Freude war groß, da wir wußten wie wichtig das für die Menschen hier ist, anderseits wirft das unseren Zeitplan wieder etwas über den Haufen. Die Musterbauten konnten wir nicht im Ort realisieren sondern bauten ein Grundgestell auf dem Feld neben unserem Lager. Außerdem wurde das "Stadtbad" von uns überdacht. Sehr viele interessierte Pakistani schauten zu und wir glauben sie haben verstanden, wie mit den Bambusstöcken und den Planen sehr stabile Konstruktionen errichtet werden können.
Schuhe für alle KinderDann kamen schon die Pakete mit den Hilfsgütern aus dem Tal. Alles mußte kontrolliert werden und wir müssen noch einen genauen Plan machen, wie wir das verteilen. Ca. 500 bis 600 Menschen werden morgen hier unten sein und warten auf warme Sachen und den Bezugsschein für die Heizer. Mit der Hilfe von einigen Bewohnern von Sakargah werden wir das in den Griff bekommen.
Leider können wir nur 3 Heizer (Kombigeräte: Heizen, Kochen, Licht) übergeben. Es sind Muster. Die Lieferung der restlichen 370 Stück erfolgt am 26. Dezember. Die Ausgabe übernimmt dann Nazir gemeinsam mit dem Händler. Überhaupt müssen wir vor Nazir einfach den Hut ziehen. Er macht so ein großen Job. Ohne seine Unterstützung wären wir ziemlich aufgeschmissen. Er wird auch im Nachgang bei der Nachfüllaktion die Kontrolle und Überwachung übernehmen. Das ist uns lieber und sicherer als das einer Organisation zu übergeben, die hier mitunter seltsame Arbeitsweisen an den Tag legen.
Heut fragt mich Micha: Ist morgen eigentlich der 4. Advent? Ja, der ist morgen und wir wollen alles dafür tun das es für die Leute auch ein kleiner Feiertag wird obwohl sie ja mit Weihnachten nicht viel anfangen können.
Jens Sommerfeldt

Handeln wie im Orient, Bericht einer Einkaufstour
vollgepackt mit Hilfsgütern

Nur 140 Rupees Mister!
80?
No 100!
Dann eben nicht... - Ich gehe weiter.
Mister 100 Rupees, o.k.
Aber bei mehr als 100 Schuhen nur 80 Rupees!
Oh der Mister macht mich arm...

Am Ende haben wir uns geeinigt auf 65 Rupees (95 Cent) für ein Paar Kinderschuhe. 260 Paar habe ich dann geordert und noch 10 gratis. Dann ging es so weiter mit Jacken, Socken, Pullover und vieles mehr. So konnten wir am Schluß 15 große Pakete auf einen Pick-Up verladen und uns heut Morgen wieder Richtung Sakargah begeben. Unterwegs wären wir fast noch in den Fluß gestürzt, nur ein paar in der Nähe befindlichen Männer konnten als Gegengewicht die Sache rausreißen. Mir war schon richtig schlecht so 100 Meter über den Abgrund zu hängen und nicht wegzukönnen. Die Fahrer sind die geborenen Rallyefahrer. An der kaputten Brücke ging das Theater weiter, weil aus mehreren Orten Leute da waren, und jeder dachte die Sachen sind für sein Dorf. Aber wir haben uns nun mal für das höchstgelegene entschieden. Nachdem auch das geklärt war und ein paar Träger aus Sakargah gefunden waren, konnten Nazir und ich wieder aufsteigen. Unterwegs haben wir noch einen kurzen Stop bei der Armee gemacht und festgestellt daß solche Sachen wie wir sie im Gepäck haben immer noch nicht in Ihrem Programm waren. Da wußten wir das wir das richtige gemacht hatten. Ich werde wohl noch lange an diese zwei Tage denken.
Michael Jürgens

18.12. Vierter Advent in Sakargah

Was wir heut erlebten übertraf selbst unsere kühnsten Erwartungen. Alle sind zeitig aufgestanden und wir haben die Ausgabe der Hilfsgüter vorbereitet. Schon das dauerte 2 Stunden bis ca. 300 Paar Schuhe, 250 Jacken und noch Pullover, Socken Schals und Tücher einigermaßen größenmäßig aufgestapelt waren. Die Lehrer vom Ort waren noch am Listen schreiben als die Kinder von den beiden Seiten des Tales in Scharen herabstiegen. So etwas haben wir noch nie gesehen. Wir wurden uns ganz schnell bewußt, wie wichtig es war, daß wir hier waren und nicht bei unseren Angehörigen in Deutschland den 4. Advent feierten.
neue SchuheDie Sonne kam langsam über die Berge und drückte die Kälte ins Tal und die Kinder waren leicht bekleidet, in Gummisandalen und froren. Jetzt mußte es losgehen. Es war bitter nötig. Es wurden immer mehr. 300, 400 wir wußten es nicht. Trotz der Unterstützung der Lehrer und noch anderen Helfern mußten wir schnell einsehen, so wird das nichts. Es war einfach keine Ordnung rein zu bekommen. Trotz Absperrung, Listen und allen anderen erdenklichen Vorkehrungen waren wir kurz davor die Übersicht zu verlieren. Alle wollten was, jeder wollte der erste sein. Nötig hatten sie es alle. Also STOP.
Kurze Beratung und neue Strategie. Micha schlug vor, Trennung nach Ortsteilen und dann Eigenverantwortung mit Kontrolle durch uns. So funktionierte es dann. Das Material wurde exakt durchgezählt und verpackt. Die Lehrer teilten dann das Material auf weitere verschiedene Clans auf. Uns war ja klar das es nicht für alle reicht aber so konnten wir den weiteren Bedarf feststellen und Micha wird morgen dann noch einmal einkaufen. Jedes Kind sollte wenigstens ein paar warme Schuhe und eine Jacke oder Pullover bekommen.
Krankes KindSo hatten wir noch etwas Zeit gewonnen. Bei der Gelegenheit übergaben wir die Gasheizer an die 3 provisorischen Schulen in Sakargah. Anschließend stiegen wir in beide Ortsteile auf und kontrollierten die Ausgabe.
Außerdem hatten wir noch eine Einladung von einem Patienten von unserem ersten Einsatz im Oktober. Er hatte damals einen komplizierten Beckenbruch und wollte sich nun für die Hilfe bei uns bedanken. Nach unserer Erstversorgung und der Behandlung in Abbottabad geht es ihm gut. Ohne Krücken geht es noch nicht aber es ist befriedigend wenn man sieht das unsere Arbeit etwas bewirkt hat.
Schnell ging die Sonne unter und wir müssen schon wieder ans packen denken, denn morgen müssen wir absteigen. Die nächste Ausgabe erfolgt von Besham aus. Wir wollen auch noch 20 Wellblechplatten kaufen um das Dorfkraftwerk zu überdachen. Sonst droht bei Regen oder Schneefall der Stromausfall. Nach diesem langen schweren Tag werden wir wohl gut schlafen.
Jens Sommerfeldt

19.12. Abschied von Sakargah
Wärmefeuer

Unser Zeitplan macht es notwendig, daß wir heute schon Sakargah verlassen. Wir wollen noch weitere warme Sachen in Besham beschaffen, dann muß der Gashändler noch genau instruiert werden und außerdem sollen ja die gesammelten Hilfsgüter aus Deutschland morgen in Besham eintreffen. Die Ausgabe können wir gleich von dort aus machen dafür ist alles vorbereitet. Also werden nach dem aufstehen gleich die Sachen gepackt. Es dauert ein wenig bis wir bei der Kälte in die Gänge kommen.
Thomas hat noch einige Patienten bestellt, um die Behandlungen abzuschließen. Das ist gleich mal der Zeitpunkt seine Arbeit hier in Sakargah zu würdigen. Das kam in den letzten Berichten immer etwas zu kurz. Unser Arzt hatte voll zu tun. In den paar Tagen hat er fast 150 Patienten behandelt. Vor allem Kinder. Das meiste waren Erkältungs- und Durchfallerkrankungen. Auch kleine bis mittlere Verletzungen waren zu behandeln. Die Medikamente die wir noch in Islamabad und Besham gekauft hatten, hat er fast aufgebraucht. Von dem Verbandsmaterial konnten wir noch einiges an den Dorfsanitäter übergeben. Wir stiegen ab ins Tal und wurden auch diesmal bereitwillig von den Dorfbewohnern unterstützt. Es war doch eine ganze Menge Gepäck. Der "Dorf-Müller", in dessen Verantwortung auch ein 10 KW Generator zur Stromerzeugung liegt kam gleich mit ins Tal. Er soll noch einige Wellblechplatten erhalten, um die zerstörte Mühle samt Kraftwerk für den Winter gegen Schnee und Regen zu schützen und damit die Versorgung sicherzustellen. Es ist übrigens genau die Mühle, deren Zusammenbruch unser erstes Team am 20.10. so unsanft aus dem Schlaf riß.
Die Autofahrt war auch diesmal wieder ein Erlebnis. Wir sind immer froh, wenn wir heil am Endpunkt angekommen sind.
Hier unten pfeift ein kräftiger Sturm um die Häuser und Ruinen und der Strom fällt häufig aus, doch wir können ja mal wieder in einem Bett schlafen. Morgen haben wir dann noch mal einen volles Programm in Besham.
Einkaufsstrasse von BeshamIn Besham ging es gleich ans Einkaufen. Micha kannte sich in den dunklen Lagern schon richtig professionell aus und verhandelte perfekt. Es war wiederum nicht so leicht die benötigten Mengen an warmen Kindersachen und Schuhen zu bekommen. Aber alles klappte und wir können diese wichtigen Sachen morgen an die Lehrer von Sakargah übergeben.

Leider erfahren wir noch, daß es noch Probleme bei der Zoll-Auslösung unserer aus Deutschland geschickten Hilfsgüter in Islamabad gibt. Wir besitzen zwar ein hochamtliches Schreiben der pakistanischen Botschaft in Berlin, doch derjenige, der in Islamabad die Freigabe dafür erteilt, daß Spendengüter nichtstaatlicher Organisationen unverzollt eingeführt werden dürfen ist dummerweise heute krank und eine Vertretung scheint es auf die Schnelle nicht zu geben. Nun hoffen wir, daß es unseren Partnern in Islamabad morgen gelingt die Güter frei zu bekommen.
Die Kinderschlafsäcke und Winterjacken könnte auch unser Nazir später noch verteilen, aber die beiden Beatmungsgeräte aus Frankfurt (Oder) wollen wir wirklich persönlich in Ayub-Hospital in Abbottabad abgeben. Wir sind optimistisch, daß das noch klappen wird, schließlich haben wir seit dem 8. Oktober für jedes der hundert Probleme eine Lösung gefunden.
Jens Sommerfeldt

20. 12. Aufbruch aus dem Norden - die Sachen sind gepackt

zerstörte Häuser überallDie letzte Nacht in Besham. Unsere heutige Arbeit war nicht so dramatisch aber notwendig. Die noch aus Islamabad gelieferten Hilfsgüter sowie weitere Kindersachen wurden aufgeteilt und auf das Auto gepackt, welches sie noch nach Sakargah bringen soll. Das klingt einfach, ist aber ein langes und lautstarkes Unterfangen. Ehe alle Beteiligten mit der Vorgehensweise einverstanden waren, war schon eine Stunde vorbei. Das Zählen und verpacken mußte auch kontrolliert werden. Dann machte sich der total überladene Pick-up auf den Weg nach Sakargah. Thomas hat noch ein kleines Mädchen in das kubanische Hospital begleitet und Micha war mit der Abrechnung beschäftigt. So war der Tag schnell vorbei und die persönlichen Sachen wurden verpackt. Unser Bus ist vor Ort und 8.30 Uhr morgen früh können wir starten. Unser nächstes Ziel, die Universitätsklinik in Abbottabad.
Jens Sommerfeldt

21.12. Rückfahrt auf dem Karakorum Highway
Rückfahrt auf dem Karakorum-Highway

Zunächst erfolgt die Rückfahrt auf dem Karakorum-Highway zurück nach Islamabad. Zwar beträgt die reine Fahrstrecke nur 250 km, aber aufgrund der kurvenreichen und an vielen Stellen nur notdürftig reparierten Straße benötigt man am Ende den ganzen Tag dazu. Die lange Fahrt durch zerstörte Ortschaften läßt das gewaltige Ausmaß der Katastrophe noch einmal ganz deutlich werden.
Zum großen Verdruß hat der Zoll die Hilfslieferung aus Deutschland immer noch nicht freigegeben, so daß aus der persönlichen Übergabe der Beatmungsgeräte in Abbottabad leider nichts wird. Glücklicherweise sind Bedienungs- und Serviceunterlagen alle in englischer Sprache und so gehen wir davon aus, daß sie dennoch ihre richtige Bestimmung finden werden.

22.12. - Organisation
Gutscheine

Ein Teil des Tages wird mit der exakten Abrechnung des Einsatzes verbracht. Viele Dinge wurden ja in Islamabad durch unsere Partner beschafft und dann noch nach Besham nachgeliefert. All dies wird jetzt noch einmal geprüft und bezahlt.
Heizer/Kocher KombinationMit Nazir wird noch einmal genau das weitere Vorgehen besprochen. Auf ihm lastet jetzt eine hohe Verantwortung aber wir sind uns sicher, daß er dieser Sache wirklich gewachsen ist. Er muß die Verteilung der am 26.12. anzuliefernden Gaskocher kontrollieren und dann bis März monatlich die Abrechnung der Flaschennachfüllung vornehmen.
Dazu ist aber alles bis ins Detail vorbereitet. Jede Familie hat einen Bezugsschein für ein komplettes Kocher-Set einschließlich Regler und einer gefüllten Propangasflasche sowie 8 Nachfüllscheine erhalten. Mit diesen Geräten kann sowohl gekocht als auch geheizt werden.
Nazir wird dann in Besham die Ausgabe der Kochersets auf diese Scheine kontrollieren. Der Händler ist für Garantie und Service verantwortlich und füllt gegen Abgabe der entsprechenden Gutscheine die Flaschen nach.
Einmal monatlich rechnet der Händler bei Nazir die eingesammelten Gutscheine ab und erhält sein Geld. Im Frühjahr wird das geplante Wiederaufbauteam des Alpinclub dann die Endabrechnung dieser Aktion mit Nazir durchführen.

23.12. Wieder zu Hause

Ankunft in DresdenVerspätungBereits 3 Uhr in der Nacht begann die Fahrt zum Flughafen Islamabad, denn das Flugzeug nach Kuwait startete schon früh 6 Uhr. Von Kuwait ging es 9.10 Uhr Ortszeit bereits weiter nach Frankfurt, welches 13.00 Uhr erreicht wurde. Die letzte Strecke der langen Reise bis zum Dresdner Hauptbahnhof wurde dann mit den Zug zurückgelegt (vom Hauptbahnhof sind es übrigens exakt 5000 km Luftlinie nach Besham).
Wohlbehalten und gesund betraten sie dann wieder sächsischen Boden. Dort wurden die drei auch schon sehnsüchtig erwartet. Jetzt ist natürlich erstmal Ausruhen angesagt. In den nächsten Tagen werden die drei Helfer sicher viel zu erzählen haben und dann werden wir sicher auch diese Berichte hier noch etwas ergänzen.

Lesen Sie auch den Bericht des ersten (Jens Sommerfeldt und Christian Walter) sowie des zweiten Teams (Rutker Stellke und Thomas Mecklenburg) Fragen zu Hilfsaktion beantworten wir gern unter pakistanhilfe@gmx.de. Angaben zum Spendenkonto finden Sie hier